Dies ist ein Gastbeitrag von Laura v. Puttkamer, die den Blog parCitypatory betreibt. Der Artikel ist der erste Teil einer Reihe zur New Urban Agenda. Laura wird hierbei von der dritten HABITAT-Konferenz aus Quito für Urbanophil berichten.

Wie werden unsere Städte in Zukunft aussehen? Seit 1976 beschäftigen sich die Vereinten Nationen während der HABITAT-Konferenzen regelmäßig mit dieser Frage. 2016 findet die dritte HABITAT-Konferenz mit dem Titel „United Nations Conference on Housing and Sustainable Urban Development“ statt, kurz HABITAT III genannt. Das Ergebnis des viertägigen Zusammenkommens in Ecuador wird die „New Urban Agenda“ sein, ein zukunftsweisendes Dokument, in dem gemeinsame Aufgaben und Richtlinien für die Zukunft der Städte formuliert werden. Alle Mitgliedsstaaten der UN-Generalversammlung sowie Vertreterin*innen von Nichtregierungsorganisationen, Städten, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft nehmen an der Konferenz teil.

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Bild: Dharavi, Indien

Das Hauptziel der New Urban Agenda ist es, dass alle teilnehmenden Staaten sich zur nachhaltigen Entwicklung von Städten und Siedlungen bekennen. Im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Konferenzen 1976 und 1996 behandelt HABITAT III eine ganz neue Größenordnung der Urbanisierung mit zahlreichen umweltpolitischen, demographischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Gleichberechtigung, lokale Finanzierungsmechanismen, Menschenrechte und die Zukunft informeller Siedlungen werden im Oktober in Ecuadors Hauptstadt Quito eine wichtige Rolle spielen. (Hier ist der aktuelle Entwurf für die New Urban Agenda.)

Doch es zeichnet sich bereits ab, dass ein Konsens beinahe unmöglich zu erreichen ist. Die unterschiedlichen nationalen Prioritäten in der Stadtentwicklung machen es schwer, sich auf allgemein akzeptierte und gleichzeitig aussagekräftige Maßnahmen und Instrumente zu einigen. Dabei könnten die 2015 beschlossenen globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Develompent Goals) einen Anhaltspunkt bieten.

Während viele Staaten des globalen Südens einen Schwerpunkt auf soziale Ungleichheiten und informelle Siedlungen legen, möchten Industriestaaten wie Deutschland vor allem Themen wie Umweltschutz und Mobilität in der Agenda vertreten sehen. Auch die Frage nach Indikatoren und der Evaluation der Agenda bleibt ungeklärt. Die Vereinten Nationen schlagen vor, dass jeder Mitgliedsstaat nach der Konferenz eine eigene Stadtentwicklungspolitik entwickelt, die sich auf die New Urban Agenda bezieht. Dies ist allerdings nur eine Empfehlung. Abgesehen von inhaltlichen Differenzen sehen Stadtentwicklungsexpert*innen ein großes Problem darin, dass die HABITAT-Konferenzen nur alle 20 Jahre stattfinden, was dem heutigen Tempo der Urbanisierung nicht mehr entspricht.

Im Vergleich zu den beiden vorherigen HABITAT-Konferenzen ist bereits jetzt die Beteiligung der Zivilbevölkerung an der Vorbereitung für HABITAT III sehr viel größer. Doch die Frage bleibt, ob Stadtbewohner*innen von der New Urban Agenda profitieren werden. Es hängt vor allem von den jeweiligen Staaten und ihrem politischen Willen ab, inwiefern die New Urban Agenda umgesetzt wird. Letztendlich liegt es gerade aufgrund des unverbindlichen Charakters der Agenda an der Zivilgesellschaft selbst, von ihrer Regierung deren Umsetzung einzufordern. In Südamerika etwa organisieren sich viele Städtebündnisse, die die Vorbereitungen für HABITAT III sehr genau verfolgen und bereits ihre Anforderungen an die New Urban Agenda einreichen. In Deutschland hingegen lässt das Interesse sowohl der Politik als auch der Bevölkerung an HABITAT III zu wünschen übrig, was auch an der mangelhaften Medienberichterstattung liegt. Dabei ist die New Urban Agenda nicht nur für Länder des Globalen Südens gedacht.

Deutschland hat zwar mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik bereits ein Dokument zur nachhaltigen Stadtentwicklung, aber die Konferenz in Quito bietet auch die Möglichkeit, nationale Interessen durchzusetzen und Partnerschaften zu knüpfen. Die insgesamt sehr lebenswerten deutschen Städte könnten als Beispiele für gelungene Urbanisierung dienen und deutsche Technologien, beispielsweise aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, könnten als innovative Beispiele Verbreitung finden.

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Solarzellen auf dem Dach der Freien Universität Berlin

Die New Urban Agenda hat das Potenzial, die Weichen für eine nachhaltige und inklusive Zukunft unserer Städte zu stellen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die erwarteten 40.000 Teilnehmer*innen in Quito auf klare und messbare Richtlinien werden einigen können. Insbesondere wenn dies nicht der Fall ist, kommt Akteuren wie NGOs und der Zivilgesellschaft eine besonders wichtige Rolle in der Umsetzung der New Urban Agenda zu.