Bild Frage 4

„Die europäische Stadt ist der Ort, an dem die bürgerliche Gesellschaft entstanden ist. Im Gang durch eine europäische Stadt kann der Bürger der heutigen Gesellschaft sich seiner eigenen Geschichte bewusst werden.“ (Walter Siebel, 2004, in: Die europäische Stadt)

Die Stadt ist Ausdruck menschlicher Kultur – und dies zeigt sich vor allen Dingen im Zusammenspiel von Architektur, gebautem Raum und spezifischer Aneignung der Orte. Städte sind dabei aber nicht statisch, sondern verändern sich rasch. Das bewegt die Menschen: Es werden Initiativen gegründet, die sich z.B. für den Erhalt von Gebäuden einsetzen oder gegen ein Planungsvorhaben mobilisieren. Es werden Diskussionen um Baukultur, Erbe und Rekonstruktion geführt, im Allgemeinen wird die Wahrnehmung von Stadt und gebauter Umwelt immer größer.

Die Sonntagsfrage zur Stadt in der Wahl lautet daher:

Welche Mittel können eingesetzt werden, um die Kommunikation über das baukulturelle Erbe, über Planungsabsichten und Themen die Städte bewegen zu fördern? Wie kann Identifikation mit der städtischen Umwelt gestärkt werden?

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Hier geht’s zu den Fragen der letzten Wochen.
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Städte sind lebendige Orte für Alt- und Neuansässige sowie für alle Generationen und Bedürfnisse. Ein typisches heimisches Bild macht Städte unverwechselbar und ist für die Einwohnerschaft unverzichtbar. Regionale Besonderheiten bieten zudem auch neu hinzukommenden Bürgern ein wichtiges kulturelles Plus und sollten deshalb stadtplanerisch gestärkt werden.

CDU und CSU wollen das bewährte Instrument der Städtebauförderung fortführen und weiterentwickeln. Die Weiterentwicklung richtet sich an den aktuellen Herausforderungen der Stadtentwicklung aus: Wirtschaftsstruktureller Wandel, Demografie und Vorrang der Innentwicklung. Wo nötig, werden wir neue Förderschwerpunkte festlegen. Wir wollen die Stadtumbauprogramme zu einem einheitlichen, inhaltlich aufgewerteten und integrierten Stadtumbauprogramm zusammenführen, das sich besonders auf Zentren von Städten und Quartieren investitionsfördernd auswirkt. In das Programm sollen alle Akteure, vor allem Wohngesellschaften, private Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende in den Stadtumbaugebieten einbezogen werden. Wir wollen den breiten Dialog über Fragen des Städtebaus, der Planung von Stadtquartieren und der Baukultur.

Die unionsgeführte Bundesregierung hat Modellvorhaben für die Kooperation privater Hauseigentümer mit ihren Kommunen auf den Weg gebracht. Diesen erfolgreichen bürgerschaftlichen Ansatz wollen wir weiterverfolgen. Die Stadt und ihre Einwohner sind Nutznießer der dadurch aufgewerteten Quartiere. Unser Ziel ist die Überführung der Modellvorhaben in die allgemeine Stadtentwicklung.

Quartiere, die von hoher Arbeitslosigkeit, geringer Wirtschaftskraft und teilweise verwahrlosten Gebäuden und Flächen geprägt sind, brauchen besondere Unterstützung. Für sie werden CDU und CSU das Programm „Soziale Stadt“ aufstocken. Zusätzlich ist eine koordinierte, ressortübergreifende Lenkung von Mitteln in diese Quartiere nötig. Über die Förderung hinaus bedarf es einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung zur Stabilisierung dieser Quartiere; dabei sind auch Vereine, Stiftungen und Bürgerengagement gefragt. Die Bürger sind die besten Experten ihres eigenen Wohnumfeldes. Sie müssen sich mit ihrem Wissen und ihren Ideen in die Gestaltung einbringen können. Ebenso ist die Wirtschaft gefordert, sich in diesen Quartieren der Berufsperspektiven von Jugendlichen anzunehmen. Die Bildung von Wohneigentum in diesen Stadtteilen kann zusätzlich zu deren Stabilisierung beitragen.

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Hier muss auf die Antwort zu Frage 3 hingewiesen werden. Den Grundgedanken, dass Programm Soziale Stadt zum Leitprogramm ausbauen zu wollen, versteht die SPD insbesondere auch in partizipatorischer Perspektive. Die Formen der Beteiligung an und über Entscheidungen, die das Lebensumfeld betreffen müssen weiter ausgebaut und gestärkt werden. Das bereits in der Antwort auf Frage 2 erwähnte Konzept zur Beteiligung, welches die SPD-Bundestagsfraktion erarbeitet hat, beschäftigt sich genau mit diesen Fragen. Die SPD will eine soziale Stadtentwicklungspolitik, in der Mitwirkung, Beteiligung und Teilnahme an Entscheidungsprozessen möglich sind. Dieses stärkt die Identifikation mit dem eigenen Lebensumfeld und fördert den demokratischen Grundgedanken unserer Gesellschaft der Mitbestimmung.

 

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Wir setzten uns für eine Baukultur ein, die das kulturelle Gedächtnis und die Wurzeln einer Gesellschaft bewahrt und den gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht wird. Sie soll identitätsstiftend und attraktiv wirken, eine inklusive, gesunde und lebenswerte Umwelt schaffen, nachhaltig sein und Maßstäbe für den Klimaschutz setzen.

Jede und jeder ist täglich mit Baukultur konfrontiert. Dabei erscheinen Orte und Gebäude der Stadt von heute zunehmend als austauschbar und wenig identitätsstiftend. Viele beklagen, dass moderne Architektur den Bedürfnissen der Menschen häufig unzureichend gerecht wird. Im Spannungsfeld zwischen dem historischen Erbe der europäischen Stadt und zukünftigen Herausforderungen gilt es Lösungen zu finden, die den Ansprüchen nachhaltiger Entwicklung gerecht werden und den Mensch in den Mittelpunkt stellen. Baukultur umfasst die verschiedenen Praktiken des Bauens und Gestaltens des öffentlichen Raumes sowie von Gebäuden. Sie lässt sich nicht auf das professionelle Wirken von Architekten und Ingenieuren beschränken, sondern umfasst den gesamtgesellschaftlichen Umgang mit der gebauten Umwelt. Diese Prozesse sind zentraler Bestandteil der Baukultur und häufig maßgeblich für deren Qualität.

Der Bund muss seine Förderinstrumente entsprechend ausrichten und selbst seiner Vorbildfunktion bei Bundesbauten und Planungen gerecht werden. Eine wirklich partizipative, ernst gemeinte Bürgerbeteiligung muss gestärkt werden und Beschleunigung von Vorhaben im Planungsrecht, die zu Lasten der Beteiligung gehen, zurückgenommen werden. Wir setzten uns auch gegen die zunehmende Privatisierung öffentlicher Räume ein.

 

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Besonders in strukturschwachen und schrumpfenden Regionen wächst die Bedeutung des städtischen Kerns. Denn hier können technische und soziale Einrichtungen zentral und damit relativ kostengünstig aufrechterhalten werden. Wir wollen daher die lokalen Zentren – für Menschen jeden Alters und aller Lebenslagen – attraktiver machen und eine weitere Zersiedelung – die uns alle teuer zu stehen kommt, wenn wir weniger und älter werden – verhindern. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität in den Städten muss weiter verbessert werden. Für die zukunftsfähige, städtebauliche Entwicklung stehen u. a. der altengerechte, barrierefreie Umbau von Wohnungen und Infrastruktur, der Ausbau der Kooperation der Städte im regionalen als auch im grenzüberschreitenden Maßstab, Wohnquartiere für Familien mit Kindern attraktiver machen, die Städte als Wirtschafts- und Innovationsstandort zu stärken und das Zusammenwirken von kommunaler Planung und privaten Investoren zu verbessern im Mittelpunkt unserer Politik. Hierauf will sich auch die Förderpolitik konzentrieren.

Zur Verwirklichung dieser Förderziele werden folgende Programme von der FDP favorisiert:

* Aktive Stadt- und Ortsteilzentren

* Städtebaulicher Denkmalschutz (Ost und West)

* Soziale Stadt – Investitionen im Quartier

* Stadtumbau Ost

* Stadtumbau West

* Kleinere Städte und Gemeinden

Schließlich liegt es auch in der Eigenverantwortung der Länder, die ab 2014 jährlich zur Verfügung stehenden Entflechtungsmittel entsprechend der regionalen Erfordernisse der Stadtentwicklung einzusetzen. Die FDP hält eine enge Verknüpfung von integrierten Stadtentwicklungskonzepten, in die alle Akteure – Staat, Institutionen, Verbände und Vereine etc., aber auch private Eigentümer – einbezogen sein sollten, mit dem Einsatz von Fördermitteln für eine gute Möglichkeit des Gedankenaustauschs und des gemeinsamen Agierens.

 

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Man darf vor allem die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft in der Stadtentwicklung nicht romantisieren. In seiner Frühphase hat das städtische Bürgertum sicher einen großen Beitrag zur Entwicklung städtischen Lebens und städtischer Kultur geleistet. Aber mindestens eben soviel hat das Spätbürgertum zur Entfremdung der Städte von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern beigetragen. Indem die Städte in Gebiete verschiedener Funktionen und Nutzungen gegliedert wurden und noch immer werden, ist das typisch Urbane eher zur Ausnahme, zum zufälligen Restposten, der sich bisher nicht vermarkten lies, verkommen. Höchste Zeit, das umzukehren und zu erhalten, was noch als städtisches Leben vorhanden und zu entwickeln ist. „Stadtrendite“, also ganzheitliche Entwicklungskonzepte für Stadtquartiere anstelle meistbietender Verkauf an stadtfremde Investoren, die lediglich an dem Standort interessiert sind, müssen die Ausgangsprämissen kommunaler Entscheidungen sein. Dann kommt auch echte Kommunikation an Stelle formaler Beteiligung zu Stande. Soweit Städte noch das wirtschaftliche und personelle Potenzial für eine langfristige Stadtplanung haben und daraus Planungsabsichten definieren können, müssen diese von den gegenwärtigen und künftigen Bedürfnissen der Stadtgesellschaft ausgehen. Dann müssten Akzeptanz und Identifikation nicht herbei diskutiert werden. Sie entstünden im Verlauf einer echten Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung ganz selbstverständlich (wieder).

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Kommunikationswege gibt es zahlreiche und die Wahl des geeigneten Mittels hängt in großem Maße davon ab, wer wo und in welchem Zusammenhang erreicht werden soll. Das Ziel der Kommunikation definiert ihre Art und Weise. Die Vielfalt der Medienlandschaft darf dabei durchaus ausgereizt werden. Wichtig ist, dass die Kommunikation auf Augenhöhe erfolgt, umfassend ist und nicht nur auf Nachfrage zustande kommt.
Ebenso wichtig wie die aktive Kommunikation selbst ist ihre Rückwirkungsmöglichkeit. Nicht nur im Web2.0 lebt die Entwicklung von Rückmeldung und Vernetzung. Bürgerbeteiligung muss, wie schon vor 14 Tagen an dieser Stelle ausgeführt, ein zentrales Anliegen von Städten und ihren Bewohnern sein. Sobald den Stadtbewohnern die reale Möglichkeit gegeben ist, sich einzubringen, sobald sie wissen, dass Beteiligungsmöglichkeiten nicht bloße Kosmetik sind, ergibt sich fast von selbst eine Identifikation mit dem eigenen, dem städtischen Umfeld. Das Bewusstsein, selbst an etwas mitgewirkt zu haben, fördert das Gefühl, Teil eines lebendigen Gefüges zu sein, das sich auch nach den eigenen Bedürfnissen zu richten vermag.
Noch bevor die Bereitschaft zur Beteiligung gegeben sein kann, muss allerdings die ernsthafte und glaubwürdige Initiative der Städte selbst kommen. Eine Stadt, ihre Entscheidungsträger, ihre Organe und Vereine, müssen gewillt sein, die Bedürfnisse ihrer Bewohner zu erkennen und, wenn möglich, zu erfüllen. Wirtschaftliche Erwägungen oder Pflege eines gewünschten Images dürfen dabei nur einige von vielen Erwägungen sein.
Auch in Zeiten finanzieller Notlage der Kommunen dürfen Entscheidungen über die Stadtgestaltung nicht einzig danach gefällt werden, wie groß der Einfluss auf den kommunalen Haushalt ist. Ein solches Vorgehen fördert allzu schnell den Eindruck, als Bürger, im Gegensatz zu einem finanzstarken Investor, nicht wichtig zu sein. Dieses Gefühl kann Identifikation mit dem städtischen Umfeld massiv stören oder gar zerstören.
Identifikation ergibt sich auch über kulturelle Vielfalt und eine lebendige Zivilgesellschaft. Deren Förderung liegt teilweise in den Möglichkeiten der Kommunen, geht über das Thema der Stadtgestaltung allerdings sehr weit hinaus.

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