Bürgermeister von vier Ruhrgebietsstädten erregten 2012 republikweites Aufsehen mit ihrer Forderung, den Solidarpakt II mit den ostdeutschen Kommunen aufzulösen. Sie wiesen damit auf das prekäre Ausmaß ihrer eigenen Verschuldung hin. Der Deutsche Städtetag rechnete in seinem Gemeindefinanzbericht 2012 mit einem Überschuss aller deutschen Kommunen von 2,3 Milliarden Euro, monierte jedoch gleichzeitig das immer weitere Auseinanderdriften von armen und reichen Städten. Insbesondere der anhaltende Anstieg der Ausgaben für soziale Leistungen mache zahlreichen Kommunen erheblich zu schaffen. Der Bericht weist mit der Aussage „Investitionshaushalte wurden zu Sozial-haushalten“ auf die grundlegen- den strukturellen Veränderungen der kommunalen Haushalte in den vergangenen Jahren hin. So forderte der Deutsche Städtetag in seinem Bericht eine zukunftsfähige Neuausrichtung der Finanzregelungen zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund. Essentieller Bestandteil dieser Neuregelung müsse die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips sein: „Wer bestellt, bezahlt“.

Die Sonntagsfragen zur Stadt in der Wahl lauten daher:

Mit welchen Mitteln kann eine tragfähige finanzielle Ausstattung der kommunalen Haushalte zukünftig gelingen? Wie lassen sich Aufgaben und Finanzierung der immer komplexer werdenden Sozialleistungen zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund gerechter regeln? Welche Maßnahmen sollten eingeleitet werden, um die Investitionsfähigkeit der deutschen Städte zu erhalten bzw. wiederherzustellen?

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Hier geht’s zu den Fragen der letzten Wochen.
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Die Kommunen stehen im Zentrum sozialdemokratischer Politik. Das zeigt sich auch im Regierungsprogramm 2013 bis 2017. Wir haben hier eine große Verantwortung.

Damit die Kommunen wieder handlungsfähig werden, müssen Bund und Länder die kommunale Finanzkraft stärken. Nur finanziell ausreichend ausgestattete Kommunen sind in der Lage, einer Privatisierung zentraler öffentlicher Aufgaben zu widerstehen und ihre Verantwortung für die öffentliche Daseinsvorsorge wahrzunehmen. Nur finanziell ausreichend ausgestattete Kommunen haben Gestaltungskraft.

Die SPD hat auf ihrem Parteikonvent am 16. Juni 2012 konkrete und wegweisende Vorstellungen eines „Investitions- und Entschuldungspaktes für die Kommunen in Deutschland“ entwickelt. Diesen Pakt streben wir an. Wir wollen damit einen dauerhaften Beitrag zur Stabilisierung der Kommunalfinanzen und zur Investitionsfähigkeit der Städte, Gemeinden und Kreise leisten.

Zügig nach der Bundestagswahl sollte in dessen Rahmen ein mehrjähriges Investitionsprogramm von Bund und Ländern begonnen werden, von dem insbesondere finanzschwache Kommunen mit Haushaltsnotlagen oder mit Haushaltssicherungskonzepten und hohen Kassenkrediten profitieren. Als Vorbild könnte das erfolgreiche kommunale Investitionsprogramm im Rahmen des Konjunkturpaketes II von 2009/2010 dienen.

Gerade wenn es um die dauerhafte Stabilisierung der Kommunalfinanzen geht, werden wir um eine weitere Entlastung der Kommunen von den steigenden Sozialausgaben nicht umhinkommen. Auf Druck der SPD und SPD-geführter Länder wie auch der kommunalen Ebene selbst hat der Bund die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung übernommen. Zukünftig sollte der Bund auch mindestens einen Teil der Eingliederungshilfen für behinderte Menschen finanzieren, so dass die Kommunen dadurch Spielraum gewinnen, auch wieder stärker in ihre Infrastrukturen investieren zu können. Ein weiterer Ansatzpunkt könnten die Kosten der Unterkunft im Rahmen des SGB II sein.

Die von Schwarz-Gelb durchgesetzten Klientelgesetze zu Gunsten von Hoteliers, reichen Erben und Unternehmen haben auch die Kommunen viel Geld gekostet. Schwarz-Gelb war alles andere als ein Gewinn für Städte und Gemeinden in Deutschland. Die SPD wird in Regierungsverantwortung auf Bundesebene diese Klientelgesetze wieder zurücknehmen.

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Kommunale Selbstverwaltung ist uns wichtig. Kommunen können ihre Aufgaben – und dazu zählt auch die Investitionstätigkeit – nur bewältigen, wenn ihnen die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.

2011 hat sich die angespannte Finanzlage der Kommunen zwar dank steigender Steuereinnahmen etwas gebessert. Das Jahresdefizit konnte um fast sechs Milliarden Euro auf nun 2,9 Milliarden Euro verringert werden. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Städte und Gemeinden gibt, die finanziell vor dem Ruin stehen. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 sind die Einnahmen der Kommunen dramatisch eingebrochen – viele haben sich bis heute nicht davon erholt. Der Schuldenberg der Kommunen betrug 2011 insgesamt fast 130 Milliarden Euro. Die steigenden Sozialausgaben sind eine Belastung für die kommunalen Haushalte. Am härtesten trifft die Krise die notleidenden Städte und Gemeinden in strukturschwachen Regionen, die oft gleichzeitig durch den demografischen Wandel größere Ausgaben haben. In diesen Kommunen tragen die Menschen die Last in Form hoher Gebühren, maroder Infrastruktur und durch den Verlust an Lebensqualität. Da sie selbst nur geringen Einfluss auf ihre Finanzausstattung haben, sind hier Bund und Länder gefragt.

Es ist dringend erforderlich, dass wir unseren Städten und Gemeinden eine finanzielle Ausstattung mitgeben, die es ihnen ermöglicht die vielfachen Aufgaben zu bewältigen. Die wichtigste Maßnahme hierzu ist eine Gemeindefinanzreform, die eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen im Grundgesetz sicherstellt. So wird vor allem den Kommunen mit großen sozialen Herausforderungen geholfen. Damit finanzschwache Kommunen ihre Einnahmen stabilisieren können, stellen wir die kommunalen Finanzen auf eine solide Basis, in dem wir auf weitere Steuersenkungen verzichten und die Finanzkraft der Kommunen verbessern. Wie etwa durch die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer und eine am Vermögenswert orientierte Reform der Grundsteuer .

Die von uns Grünen vorgeschlagenen Steuergesetze verbessern die Einnahmesituation der Kommunen um etwa 2 Mrd. Euro. Außerdem muss der Bund den eigenen Anteil an den Kosten der Unterkunft kurzfristig spürbar erhöhen. Um besonderen städtebaulichen Situationen gerecht zu werden, ist zudem eine solide finanzierte und langfristig angelegte Städtebauförderung notwendig.

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Noch nie sind die Kommunen so umfassend und nachhaltig entlastet worden wie durch die Politik der christlich-liberalen Koalition. Wir stellen den Ländern in den Jahren 2013 bis 2016 insgesamt 18,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Das zeigt, dass wir Verantwortung für die Kommunen übernehmen und sie mit ihren Belastungen nicht alleine lassen. Diese Entlastungen wirken zudem nachhaltig, denn aufgrund der demographischen Entwicklung werden die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung langfristig ansteigen. Wir haben den Kommunen zudem keine weiteren Aufgaben übertragen ohne deren Finanzierung sicherzustellen. Das werden wir auch in Zukunft nicht tun. Wir wollen im Zuge einer neuen Föderalismuskommission, in der Bund, Länder und Kommunen gemeinsam ihre Finanzbeziehungen neu ordnen, u.a. einem echten Konnexitätsprinzip Verfassungsrang verleihen. Dann bedarf es auch keiner besonderen Regelungen für Kostenübernehmen durch den Bund mehr. Die rechtliche Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen liegt darüber hinaus bei den Ländern.

Die bestehende Gewerbesteuer ist stark konjunkturabhängig und prozyklisch. Wir wollen deshalb die Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer sowie ein eigenes Hebesatzrecht der Kommunen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ersetzen. In einem ersten Schritt wollen wir die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen abschaffen, die als Substanzbesteuerung kleinen und mittleren Unternehmen vor Ort schaden.

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DIE LINKE weist schon seit Jahren darauf hin, dass die Kommunen in der Bundesrepublik strukturell unterfinanziert sind und dem entsprechend vielerorts nicht über eine ausreichende Investitionsfähigkeit verfügen. Um diesen Missstand zu beheben, fordert DIE LINKE die Finanzausstattung der Kommunen durch folgende Sofortmaßnahmen zu verbessern:

  • Abschaffung der Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder
  • Einführung einer kommunalen Investitionspauschale für Kommunen aus Bundesmitteln
  • Einrichtung von Entschuldungsfonds für strukturschwache Kommunen
  • Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftsteuer: Alle unternehmerisch Tätigen sind steuerlich einzubeziehen und die Bemessungsgrundlage gehört ausgeweitet!
  • Aufgaben, insbesondere im Sozialbereich, dürfen nur bei angemessener Finanzausstattung an Kommunen übertragen werden: Bund und Länder dürfen Aufgaben auf Kommunen übertragen oder erweitern, wenn die Finanzierung, die sich an den tatsächlichen Ausgaben ausrichtet – auch rückwirkend – gewährleistet ist.
  • Erhöhung des Anteils des Bundes an der Finanzierung der Kosten der Unterkunft für ALG II-Beziehende, an der Finanzierung des Ausbaus der Kindertagesbetreuung sowie der Ganztagsschulen und an der Finanzierung der Eingliederungshilfen
  • Einführung eines einklagbaren und verbindlichen Mitwirkungsrechts für Kommunen im Gesetzgebungsverfahren

Mittelfristig muss der Anteil der Kommunen am Steueraufkommen deutlich erhöht und die Schuldenbremse zurückgenommen werden.

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I. Aufgabenverteilung analysieren und neu gestalten
In der derzeitigen Hierarchiepyramide der Verwaltungsebenen EU, Bund, Länder und Kreise stehen die Kommunen ganz unten. Diese strukturelle Benachteiligung der Kommunen bei Aufgabenverteilung und Finanzierung zwischen diesen Ebenen hat dazu geführt, dass die Kommunen kaum mehr Gestaltungsspielräume haben. Da die Kommunen mit ihren Leistungen den Bürgern am nächsten sind, brauchen wir einen Paradigmenwechsel, um notwenige Gestaltungsspielräume wieder zu gewinnen. Dies erfordert eine breite Bewegung aus Bürgern, Verwaltung, Wissenschaft und Politik – zum Beispiel eine Enquettekommission und ein online Petitionssystem zur Einbeziehung der Bürger. Da die einzelnen Kommunen in Bereichen wie demographischer Wandel, Breitbandversorgung, öffentlicher Nahverkehr, bezahlbarer Wohnraum, Kulturangebot, Verschuldung oder Arbeitsplätze sehr unterschiedlich dastehen, sind flexible Lösungsansätze erforderlich. Die Rollenverteilung von hauptamtlicher Verwaltung und meist ehrenamtlichen Gemeindevertretern ist ebenfalls verbesserungswürdig.

II. Finanzierung der neu definierten kommunalen Aufgaben sicherstellen
Die Gewerbesteuer sehen wir wegen der starken Abhängigkeit zum Konjunkturzyklus und dem Steuerwettbewerb zwischen Kommunen kritisch. Die Diskussion um den Solidarpakt zeigt, dass wir ein generelles Konzept brauchen, um Regionen und Kommunen beim strukturellen Wandel zu unterstützen. Die Diskussion sollte jedoch nicht an konkrete Einnahmemodelle wie Solidarpakt, Gewerbesteuer oder Gebührenerhöhungen verknüpft werden. Hier sind in erster Linie der Bund und die Länder mit ihrer Steuerhoheit gefordert, die bedarfsorientierte Finanzierung der neu definierten kommunalen Aufgaben langfristig sicher zu stellen.

III. Wirtschaftlichere und effektivere Arbeit in den Kommunen selbst
Dazu gehört, haushaltsrelevante Unterlagen bereits in frühen Planungsphasen im Internet zu veröffentlichen, die Doppik für alle Ebenen der Verwaltung verpflichtend einführen und Verwaltungsmitarbeiter und Abgeordneten zu schulen sowie die Bürgerbeteiligung bei Planung, Entscheidung und Umsetzung zu stärken. Dadurch können Fehler der Vergangenheit wie

  • Verluste aus Cross-Border-Leasing mit Geheimverträgen,
  • Kostenexplosion durch Nachforderungen bei unvollständigen Ausschreibungen oder
  • Auslagerung in Beteiligungsgesellschaften, die sich verselbstständigen

vermieden werden.
Das Hamburger Transparenzgesetz ist in dieser Hinsicht ein gutes Vorbild.

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Für eine angemessene finanzielle Ausstattung ihrer Kommunen sind zunächst die Länder zuständig, die im Rahmen ihrer Finanzausgleiche für Ausgewogenheit sorgen müssen. Zudem liegt es in ihrer Verantwortung, Bundesmittel für übertragene Aufgaben zügig und in voller Höhe an die Kommunen weiterzuleiten.

Der Bund ist als Gesetzgeber in der Verantwortung, die verfassungsrechtlich geschützte kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Ein Vergleich der Entwicklung der Kommunalfinanzen zwischen SPD-geführten und unionsgeführten Bundesregierungen zeigt: Die Anliegen der Kommunen sind bei CDU und CSU in besseren Händen. Unter Rot- Grün wurden sie immer stärker in ein finanzielles Defizit getrieben – mit dem Tiefpunkt von 8 Milliarden Euro Minus im Jahr 2003. Die Jahre der unionsgeführten Bundesregierung vor der internationalen Währungs- und Wirtschaftskrise erbrachten hingegen Finanzierungsüberschüsse. Auch jetzt zahlt sich die kommunalfreundliche Politik der Bundesregierung in Form von sprudelnden Steuereinnahmen für die kommunalen Kassen aus.

CDU und CSU haben diese positive Entwicklung durch eine konsequente Stärkung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt und nicht zuletzt auch durch eine Vielzahl von Förderprogrammen zugunsten der Gemeinden, Städte und Landkreise erreicht. Die größte Hilfe aber ist, dass sich der Bund in erheblichem Umfang an den kommunalen Ausgaben für Sozialleistungen beteiligt. So übernimmt er künftig die vollständigen Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – eine enorme Erleichterung, die die Länder uneingeschränkt an die Kommunen weiterreichen müssen, damit es zu einer Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort kommt.

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung soll ebenfalls weiterentwickelt und in ein Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung überführt werden. Wir wollen, dass der Bund sich schrittweise an den Kosten beteiligt und die Kommunen auf diesem Weg wirksam und dauerhaft entlastet werden. Das stärkt die Finanzkraft der Kommunen und verschafft ihnen finanzielle Spielräume für ihre vielfältigen Aufgaben.

Wir wollen, dass Bund und Länder ihrer Verantwortung gegenüber der kommunalen Ebene gerecht werden. Gemeinsam muss die Verlässlichkeit der Finanzausstattung der Kommunen sichergestellt werden. Diese Frage werden wir in der nächsten Wahlperiode zum Gegenstand einer Föderalismuskommission machen.

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