Verschiedene Mobilitäts-Angebote der Sharing-Economy. Bild: Laura Bornemann

Die Digitalisierung der Städte nachhaltig, demokratisch und sozial gestalten
von Hans-Hermann Albers

Noch mangelt es an sozialräumlichen Folgenabschätzungen und Erkenntnissen zu den Raumwirkungen digitaler Technologien und Geschäftsmodelle. Ferner sind viele Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Digitalisierung unserer Städte intransparent, unterkomplex oder primär ökonomisch und technokratisch fokussiert.

Die Digitalisierung hat sich in den vergangenen Jahren als Querschnittsthema in nahezu allen Bereichen der Stadtentwicklung herausgebildet. Smart City-Konzepte, die Digitalisierung der Verwaltung oder neue Geschäftsmodelle der Plattform- und Digitalökonomie führen zu einer weitreichenden urbanen Transformation. Als Vorteile gelten u.a. die Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen, mehr Komfort und Service hinsichtlich städtischer Infrastrukturen oder umfassende wirtschaftliche Chancen – etwa durch Ansiedlung von Startups und Tech-Unternehmen. Nachteilig erweisen sich hingegen zu wenige bedarfsorientierte und kurzfristige Smart City-Lösungen oder Abhängigkeiten gegenüber IT-Unternehmen bei kommunalen Softwareanwendungen. Auch wirken einige digital-ökonomische Geschäftsmodelle als Belastung – beispielsweise durch die Folgen von touristischen Vermittlungsplattformen auf lokale Wohnungsmärkte.

Welche Maßnahmen sind notwendig und zu fördern, damit die Digitalisierung der Städte künftig bedarfsorientiert, demokratisch, nachhaltig und sozial-gerecht erfolgt?

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[Antwort Caren Lay]

Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie muss dem Ausbau sozialer Infrastrukturen dienen und ein Mittel für mehr Teilhabe, Partizipation und Nachhaltigkeit sein.

Die Digitalisierung beim Planen und Bauen birgt großes Potenzial für mehr Transparenz, schnellere Genehmigungen, mehr zivilgesellschaftliche Beteiligung und nachhaltigeres Bauen. Der Bausektor könnte durch digitale Planung und Bewirtschaftung von einer CO2- und Ressourcenschleuder zu einer Triebkraft der CO2-armen Kreislaufwirtschaft werden. Daher gehört es selbstverständlich zur Aufgabe der öffentlichen Hand, eine gemeinsame Plattform mit einheitlichen Standards voranzutreiben, die einen digitalisierten Planungsprozess vom Bauantrag über die Planungsleistung und die Errichtung bis hin zum Betrieb des Gebäudes ermöglicht. Die Abhängigkeit von bestimmten IT-Unternehmen und Produkten muss von vornherein vermieden werden. Dafür sollten sich Bund und Länder seine öffentliche digitale Infrastruktur auf Open-Source-Basis zum Ziel setzen. Dabei muss auch gelten: Was mit öffentlichen Geldern gefördert wurde, muss der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Aufgabe der Bundesregierung wäre es daher, Kommunen beim Aufbau öffentlicher Infrastrukturen für die digitale Stadtentwicklung zu unterstützen. Gleichzeitig brauchen die Kommunen die Mittel, um gegen Unternehmen vorzugehen, die sich die Städte und die Daten ihrer Bewohner*innen aneignen, um daraus Gewinne zu ziehen.

Konkret fordert DIE LINKE eine öffentliche Verwaltung, die digital und demokratisch ist. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erleichtert neue Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen, transparente Entscheidungen und schnellere Bearbeitung von Bürgeranliegen. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Abhängigkeit von externen Dienstleistenden und der Einsatz externer Berater*innen noch steigen. Vielmehr brauchen die öffentlichen Verwaltungen ausreichend kompetentes Personal, um die digitalen Systeme zu warten, Bürger*innen bei der Benutzung zu unterstützen und die persönliche Ansprechbarkeit für alle Anliegen sicherzustellen. Wir wollen neue digitale Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen entwickeln. Öffentliches WLAN in den Kommunen und öffentlichen Gebäuden wollen wir durch Freifunk ausbauen, statt durch kommerzielle Anbieter. Öffentliche Verwaltungen und Meldeämter dürfen keine persönlichen Daten von Menschen ohne deren ausdrückliche Zustimmung an Dritte weitergeben.

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Wir werden mit der von uns gestarteten Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft bis 2025 ein flächendeckendes 5G?Netz in ganz Deutschland schaffen und bis 2025 insgesamt 15 Mrd. Euro für Gigabit-Netze bereitstellen. Dort, wo die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Unternehmen zur Installation von Glasfaserleitungen scheitert, werden wir die Kommunen in die Lage versetzen, den Breitbandausbau in Eigenregie voranzutreiben. Wir werden den Netzausbau durch eine unbürokratische, digitale und rasche Genehmigungspraxis beschleunigen. Wir werden Verfahren durch Digitalisierung und Standardisierung vereinfachen und damit den notwendigen Aufwand senken.
Mit einer neuen Smart-City und einer Smart-Country-Strategie werden wir Städte, Kommunen und Regionen bei der Digitalisierung unterstützen. Gleichzeitig werden wir bereits digitale Anwendungen erproben und Rahmenbedingungen für ihren Einsatz in allen Lebensbereichen schaffen. Wir werden integrierte Lösungen für ländliche Regionen entwickeln und in „Digitalen Dörfern“ modellhaft umsetzen.

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Ausgangspunkte für alle Überlegungen zur Digitalisierung in den Städten sind die Smart City Charta aus dem Jahr 2017 und die Neue Leipzig Charta 2020, die die Digitalisierung als Chance für die Transformation der Städte und digitale Lösungen als Mittel für innovative und qualitativ anspruchsvolle Dienstleistungen in den Bereichen Mobilität, Energie, Wohnen, Dienstleistungen, Einzelhandel, Nahversorgung und Verwaltung begreift. Und die dabei die Risiken der Vertiefung räumlicher und sozialer Unterschiede sowie Datenschutzrisiken nicht geringschätzt und zugleich Wert darauflegt, dass Digitalisierungsprozesse umweltfreundlich, inklusiv und gerecht gestaltet werden sollen. Für einen solchen gemeinwohlorientierten Einsatz von digitalen Lösungen brauchen die Städte sowohl organisatorische als auch kooperative Ansätze und umfassende digitale Kompetenzen in der Verwaltung. Deswegen wollen wir die Nationale Dialogplattform Smart Cities sowie weitere Modellprojekte zur Entwicklung, Erprobung und Nutzung eines strategischen Umgangs mit Chancen und Risiken der Digitalisierung in den Kommunen weiter unterstützen – auch und gerade um den Aufbau bzw. Ausbau von digitalen Plattformen zur Stärkung der Innenstädte zu ermöglichen. Den dringenden Handlungsbedarf dahingehend hat uns die Corona-Pandemie beinahe schmerzhaft vor Augen geführt.

Dazu gehört auch die Fortsetzung des Programms ‚Modellprojekte Smart Cities‘, mit dem der Bund Zukunftsprojekte für die Entwicklung und Umsetzung digitaler Technologien in der Stadtentwicklung fördert. So gestalten wir das Zusammenleben zukunftsfähig und nachhaltig, stellen die Technik in den Dienst der Menschen, erhalten Freiräume und vermeiden die digitale Spaltung der Gesellschaft.

Letztlich muss es darum gehen, die Kommunen zu befähigen, die Digitalisierung im Sinne einer integrierten und nachhaltigen Stadtentwicklung in Städten und Gemeinden – auf der Basis der kommunalen Selbstverwaltung und unter permanenter Einbeziehung der Bevölkerung – strategisch auszugestalten. Der Bund muss weiterhin Rahmenbedingungen schaffen, um den dazu nötigen regelmäßigen Erfahrungsaustausch, den Wissenstransfer, auch im internationalen Rahmen, das kontinuierliche Monitoring und eine Evaluation zu gewährleisten.

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[Antwort Daniela Wagner]

Die Digitalisierungspotentiale werden wir auch in Städten nur heben, wenn wir diese von den Bürger*innen aus denken. Dafür wollen wir lokale und regionale Beteiligungsverfahren stärken.

Ein schneller Breitband-Internetanschluss muss Kern der öffentlichen Daseinsvorsorge sein – vom Privathaushalt, über Schulen bis zu Unternehmen. Im Rahmen der Städtebauförderung sollen Mittel für Smart-Cities-Projekte bereitgestellt werden, um Digitalisierungsinitiativen auszubauen. Mit zusätzlichen Mitteln für Smart-City-Projekte unterstützen wir den Aufbau unabhängiger digitaler Plattformen, mit denen der örtliche Einzelhandel attraktivere Angebote machen kann. Dazu arbeiten wir gegen Verdrängung und Leerstand. Auch außerhalb von Großstädten braucht es eine Förderung beim Auf- und Ausbau digitaler regionaler Plattformen, mit denen der lokale und regionale Handel gestärkt wird. Mit einem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll die Marktmacht von Online-Giganten begrenzt und kleineren Unternehmen auch online eine faire Chance gegeben werden.

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[Antwort Daniel Föst]

Die Digitalisierung bringt viele Chancen, aber natürlich auch einige Risiken mit sich. Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, die Chancen der Digitalisierung stärker zu fördern und zu nutzen. Wir sind davon überzeugt, dass Städte und ihre Bürger durch digitale Entwicklungen an zahlreichen Stellen profitieren. Da ist als einfachstes Beispiel die längst überfällige Digitalisierung der staatlichen Verwaltungsbehörden zu nennen, die den bürokratischen Aufwand jedes Bürgers minimieren könnte und durch günstigere Bauplanungsprozesse zudem das Wohnen günstiger machen würde.

Die Digitalisierung ermöglicht darüber hinaus eine Vernetzung von Menschen, sorgt für mehr Transparenz in allen Lebenslagen und hilft dabei, Prozesse z. B. im Verkehrs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltbereich effizienter zu gestalten und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Gerade vor dem Hintergrund des ungebrochenen Zuzugs in die Städte, der damit verbundenen steigenden Mietpreise und des vielerorts überlasteten ÖPNV sind smarte Lösungen unentbehrlich. Erfassung und intelligenten Nutzung von Daten sind dafür erforderlich. „Smart“ werden unsere Städte allerdings erst dann, wenn wir diese Daten verknüpfen und ein Gesamtbild erhalten, das mehr beinhaltet als die Summe ihrer Teile. Lösungsansätze, die so einer möglichst umfassenden Informationsintegration gerecht werden, können in vielerlei Hinsicht Abhilfe schaffen. Solche ganzheitlichen Lösungsansätze wurden bisher in Deutschland nicht ausreichend vorangebracht. Großbritannien etwa hat längst geographische Daten, Gebäudedaten, Infrastrukturdaten und Daten aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammengeführt. Wir fordern, diese Erkenntnisse unter Berücksichtigung von festgeschriebenen Leitlinien – insbesondere in Bezug auf die Prinzipien der Datensouveränität und der Ablehnung von Massenüberwachung – zu nutzen. Die zu erwartenden Effizienzsteigerung kann die stadtentwicklungspolitischen Ziele nachhaltig steigern.

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