Qualifiziertes und aufgabengerecht bezahltes Personal für eine funktionierende Stadtentwicklung
von Laura Bornemann
Auf kommunaler Ebene ist die Bewertung von Stellen im öffentlichen Dienst häufig mehr von haushalterischen Zwängen geleitet als von den Vorgaben des Tarifvertrages (TVöD). In der Logik der Entgeltordnungen sind Tarifbeschäftigte entsprechend der von Ihnen auszuübenden Tätigkeiten eingruppiert. Insbesondere im Bereich der Stadtplanung und -entwicklung ergeben sich hier bei konsequenter Anwendung des Tarifrechts häufig Eingruppierungen in die Entgeltgruppen 11 bis 13, da die Tätigkeitsmerkmale entsprechende Schwierigkeits- und Selbstständigkeitsmerkmale enthalten und entsprechende Fachkenntnisse voraussetzen.
Während in größeren Kommunen derartige Eingruppierungen durchaus erreicht werden, sind diese jedoch in kleineren oder weniger finanzstarken Kommunen nur selten zu finden. Der kommunalen Haushaltslage folgend sind meist Stellen mit den Entgeltgruppen 9 bis 10 die Regel. Infolgedessen werden entweder die auszuübenden Tätigkeiten entsprechend angepasst, das Maß an Verantwortung sowie die erwarteten Fachkenntnisse reduziert, oder es werden das Anforderungsprofil und der Aufgabenkreis haushälterisch „passend gemacht” und trotzdem hohe Anforderungen an die Kandidat:innen gestellt.
So kommt es, dass für Aufgaben, die einen hohen Grad an Selbstständigkeit, Verantwortung sowie umfangreiche Fachkenntnisse erfordern, dennoch unterbewertete und vergleichsweise gering vergütete Stellen ausgeschrieben werden. Folgen sind:
- Gute und fachlich ausgebildete Personen bewerben sich nicht auf die Stellen in den kleineren Kommunen.
- Stellen mit stadtplanerischen Aufgaben werden nicht mit den eigentlich benötigten Fachkräften besetzt.
- Mitarbeiter:innen machen nur “Dienst nach Vorschrift” bzw. nach Entgeltstufe.
- Es besteht eine hohe Personalfluktuation, da BewerberInnen die Stellen nur für kurze Zeit besetzen und als bald möglich in besser bezahlende Verwaltungen abwandern.
- Engagierte Dienstkräfte arbeiten bei schlechter Bezahlung.
- Geringe Wertschätzung der Arbeit und daraus resultierende Entwertung stadtplanerischer Themen.
In jedem Fall leidet die Qualität und Beständigkeit der Arbeit in den Kommunen. Eine qualitative Stadtentwicklung kann so nicht sichergestellt werden.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung – insbesondere der Planungshoheit – wiederherzustellen?
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[Antwort Daniele Wagner]
Die Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung ist von zentraler Bedeutung und uns außerordentlich wichtig. Um leistungsfähig zu sein, brauchen die Städte und Gemeinden eine angemessene Finanzausstattung. Leider ist diese derzeit nicht überall gewährleistet. So kommt es zu den Problemen, die Sie in Ihrer Frage schildern.
Wir setzen uns für eine angemessene, ausreichende und nachhaltige Finanzausstattung der kommunalen Ebene und Bezahlung der Mitarbeiter*innen ein. Dafür sind nicht nur die Bundesländer, sondern ist auch der Bund zuständig. Schließlich beschließt er die Gesetze, die auch finanzielle Auswirkungen auf die Kommunen haben, und gemeinsam mit den Ländern die Aufteilung der Gemeinschaftssteuern.
Wir wollen, dass Bund und Länder den Kommunen die Corona-bedingten Steuerausfälle auch im Jahr 2021 ersetzen.
Wir setzen uns für einen Investitionsfonds ein, der es auch Kommunen erlaubt, Mittel für wichtige Investitionen vor Ort – sei es in den Klimaschutz, in den Ausbau von Radwegen oder in Kultur- oder Sporteinrichtungen – abzurufen.
Um die Entwicklung der Innenstädte kommunalpolitisch beeinflussen zu können, wollen wir die Städtebauförderung neu ausrichten. Hierfür wollen wir einen Städtebaunotfallfonds einrichten.
Wir wollen, dass die interkommunale Zusammenarbeit gefördert wird. Nicht jede kleine Gemeinde muss sämtliche Aufgaben alleine für sich erbringen, sondern diese können auch gemeinsam für mehrere Gemeinden an einer Stelle gebündelt bearbeitet werden. Um vor allem kleineren und finanzschwächeren Kommunen zu helfen, wollen wir die vielen existierenden Förderprogramme bündeln und unbürokratischer und transparenter gestalten und die Beratung der Kommunen zum Abruf der Fördermittel verbessern.
Außerdem wollen wir die betroffenen Kommunen bei der Tilgung ihrer Altschulden fair unterstützen. Dies erfordert auch die Beteiligung der betroffenen Bundesländer. Für die ostdeutschen Kommunen bedeutet dies eine Unterstützung bei den Altschulden der Wohnungsunternehmen.
Nur wenn die Kommunen finanziell vernünftig ausgestattet sind, sind sie in der Lage, ihr Personal so zu bezahlen, dass die Stellen auch mit qualifizierten Bewerber*innen besetzt werden können. Das gilt übrigens nicht nur in dem von Ihnen angesprochenen Bereich, sondern, wie es jetzt während der Corona-Krise besonders deutlich geworden ist, auch zum Beispiel für die Gesundheitsämter oder kommunalen Krankenhäuser.
[Antwort Caren Lay]
Über die Verwendung ihrer Mittel bestimmen die Kommunen innerhalb ihrer Selbstverwaltung. Kommunen müssen aber finanziell besser ausgestattet werden, um aktiv planen, bestimmen und kontrollieren zu können. Sei es für eine soziale Bodenpolitik, kommunalen Wohnungsbau, die Ahndung verbotener Zweckentfremdungen von Wohnraum uvm. Für die Bauplanung und Stadtentwicklung wurden in den vergangenen Jahren 9.000 Stellen im öffentlichen Dienst gekürzt. Es fehlt an Kapazitäten für aktive Planung, Entwicklung und Umsetzung.
Gleichzeitig umgehen Immobilienunternehmen oft noch die Grunderwerbssteuer durch Share-Deals. Hier fordern wir eine Reform, um diese Steuervermeidung zu unterbinden.
Durch ein umfassendes Programm wollen wir Kommunen mit den nötigen Mitteln ausstatten. Dazu gehören die Anhebung von Unternehmenssteuern und eine Gemeindewirtschaftssteuer.
Kommunen müssen von ihren Altschulden entlastet werden. Insbesondere in Ostdeutschland wollen wir regionale Planungs- und Beratungsstellen in öffentlicher Hand schaffen, die Kommunen bei Projekten unterstützen oder diese gänzlich für sie durchführen. Insbesondere in kleineren Kommunen werden bestimmte Vorhaben wie der Neubau einer Schule, Kita, Rekommunalisierung von Energie oder ÖPNV nur in größeren zeitlichen Abständen realisiert, trotzdem sollen Kommunen über nötige spezialisierte Planungskapazitäten problemlos zugreifen können.
Die vielfältigen Herausforderungen unserer Gesellschaft werden in den Kommunen bewältigt – oder gar nicht. Dabei ist die Erhaltung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung für uns ein hohes Gut. Eine ihrer Grundlagen ist eine hinreichende Finanzausstattung unserer Städte und Gemeinden. Der Bund hat auf Initiative der SPD bereits 2020 dafür gesorgt, dass der Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft dauerhaft erhöht wurde. Für viele Städte bedeutet das eine Entlastung im deutlich zweistelligen Millionenbereich. Darüber hinaus bleibt die jeweils hälftige Übernahme der kommunalen Altschulden der durch den Strukturwandel besonders hoch verschuldeten Kommunen durch den Bund und die jeweiligen Länder unabdingbar. Denn die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen läuft einer ausgewogenen Regionalentwicklung und dem Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse entgegen und bremst auf Dauer Wachstum und Wohlstand in ganz Deutschland.
Ohne Zweifel brauchen wir daneben eine Planungs-und Investitionsbeschleunigung. Neben dem schnellen Ausbau der digitalen Infrastruktur wollen wir auch die Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen. Die Planungsbeschleunigung als und der Bürokratieabbau als politische Daueraufgabe stehen weiterhin auf unserer Agenda. Die Erfahrungen in der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass sich eine gewisse Flexibilität im Verfahren als Instrument zur Krisenbewältigung durchaus bewährt hat – sicher ein Fingerzeig für die Zukunft.
[Antwort Daniel Föst]
Die Finanzierung der Kommunen muss auf eine neue Grundlage gestellt werden – etwa durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Körperschaftsteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer. Nur wenn die Kommunen mehr Handlungsspielraum haben, können sie entsprechende Schwerpunkte setzen. Die Kommunen sollten zudem alles dafür tun, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Gleichzeitig muss in den Amtsstuben Bürokratie abgebaut und eine digitale Transformation stattfinden. Wir sehen enorme Potentiale in der Digitalisierung der Bauämter, womit zum Beispiel teilautomatisierte Prüfverfahren ermöglicht werden würden. Dies führt nicht nur zu geringerem Personalbedarf an dieser Stelle, sondern nebenher auch noch zu schnelleren und unkomplizierteren Prüfverfahren.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Städte und Gemeinden aus eigener Kraft die unterschiedlichen Herausforderungen vor Ort bewältigen können. Dazu brauchen Kommunen verlässliche Finanzierungsquellen, die neuen bürokratieintensiven Förderprogrammen grundsätzlich vorzuziehen sind. Wir werden die kommunal relevanten Förderprogramme zusammenfassen und auf einer Online-Plattform bündeln, damit sie dort einfacher beantragt und abgewickelt werden können.
Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz wurden den Kommunen unterschiedliche Instrumente an die Hand gegeben, mit denen es für Kommunen einfacher geworden ist, Bauland auszuweisen und auch innerörtliche Flächen zu mobilisieren. Wir wollen ihre Möglichkeiten – unter Beachtung des Grundsatzes Innen- vor Außenentwicklung – noch weiter vergrößern und ihnen noch mehr Flexibilität einräumen.