U-Bahnhof Paulsternstraße, Rainer Rümmler, 1984 - Kapitell der Mittelstütze

U-Bahnhof Paulsternstraße, Rainer Rümmler, 1984 – Kapitell der Mittelstütze

Heute nachmittag stellte Klaus Lederer im U-Bahnhof Paulsternstraße die jüngsten Berliner Baudenkmale vor. Der Ort des Geschehens gehört selbst auch dazu: der U-Bahnhof Paulsternstraße ist Teil der U-Bahn im Berliner Bezirk Spandau, die 1980 und 1984 eröffnet wurde: Siemensdamm, Rohrdamm, Paulsternstraße, Haselhorst, Zitadelle, Altstadt Spandau und Rathaus Spandau bilden eine einzigartige architektonische, städtebauliche, technische und konzeptkünstlerische Einheit, die nun, beinahe vollkommen unangetastet, ihre angemessene Wertschätzung erfahren.

U-Bahnhof Zitadelle, Rainer Rümmler, 1984 - Bahnsteighalle

U-Bahnhof Zitadelle, Rainer Rümmler, 1984 – Bahnsteighalle

Der Architekt und Oberbaurat Rainer Gerhard Rümmler (2.7.1929 – 16.5.2004) entwarf die jeweils höchst individuell gestalteten U-Bahnhöfe entsprechend seines Konzepts vom U-Bahnhof als „unverwechselbaren Ort“ und ließ sich bei der Gestaltung jeder Station von der Geschichte und den Merkmalen des Ortes über der Erde inspirieren. So bildete er einen Teil der Spandauer Geschichte unter der Erde ab und schuf eine U-Bahnstrecke im Sinne eines Konzeptkunstwerks, das in der großen Halle des Endbahnhofs Rathaus Spandau seinen repräsentativen Höhepunkt findet. In ihrer ausgesprochen bildhaften Formensprache, der thematischen Konsequenz, ihrer Buntheit und edlen Materialität sind sie einzigartige Schöpfungen des U-Bahnbaus auch über Berlin hinaus, die zugleich aber ganz besonders für das West-Berlin der 1980er Jahre stehen, in dem sie entstanden sind.

U-Bahnhof Altstadt Spandau, Rainer Rümmler, 1984

U-Bahnhof Altstadt Spandau, Rainer Rümmler, 1984

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl fuhr bei der Eröffnung mit, auch das schon denkmalverdächtig. “Diese Bahnhöfe werde ich nie unter Schutz stellen!” So reagierte, den Wert der Bauten sofort richtig einschätzend, der Denkmalpfleger Bernhard Kohlenbach (Landesdenkmalamt Berlin) damals auf diese Stationen. Nun hat er es doch noch getan, kurz vor seiner Pensionierung. Die Unterschutzstellung der jungen U-Bahnhöfe aus den 1980er Jahren stellt einen Meilenstein der Berliner Baukultur dar und lässt hoffen – im Anschluss an die kürzlich geschützten IBA-Bauten in Kreuzberg – dass der Architektur der Postmoderne eine frühere Werterkennung und damit bessere Erhaltung zuteil werden wird als vielen Bauten der 1970er Jahre. Denn für viele U-Bahnhöfe dieser Zeit wie Yorckstraße, Rathaus Steglitz, Rudow, Bismarckstraße oder Walther-Schreiber-Platz ist es bereits zu spät.

U-Bahnhof Tierpark, 1973Quelle: Andreas Sternberg

U-Bahnhof Tierpark, 1973

Im Unterschutzstellungsverfahren befindet sich zugleich auch das Ost-Berliner Pendant zur U7: die U5, bauzeitlich Linie E, von Tierpark nach Hönow, die einzige U-Bahnlinie der DDR. Die neun überirdischen U-Bahnhöfe sind von 1985 bis 1989 in einem sachlichen, seriellen Prinzip ausgeführt worden, das in Zusammenarbeit zwischen der DDR-Reichsbahn und dem Chefarchitekten Ost-Berlins, Roland Korn, eigens für diese U-Bahnlinie entwickelt wurde. Für das Fahrgastleitsystem war das VEB Design Büro Berlin zuständig. Die Gestaltungsgrundsätze wurden konsequent und zugleich variantenreich umgesetzt, sodass sowohl jeder U-Bahnhof mit einem individuellen, in den jeweiligen städtebaulichen Kontext eingebundenen Eingangsbau ausgestattet ist, die Linie zugleich aber auch einen erkennbaren und einheitlichen Charakter aufweist. Ein Highlight hier ist der einzige unterirdische U-Bahnhof der Hauptstadt der DDR, Tierpark, aus dem Jahr 1973.

U-Bahnhof Rathaus Spandau, Rainer Rümmler, 1984

U-Bahnhof Rathaus Spandau, Rainer Rümmler, 1984

Der direkte Vergleich zwischen den in Spandau und Marzahn-Hellersdorf eröffneten Stationen macht auch systemunabhängig völlig konträre Gestaltungsauffassungen im U-Bahnbau deutlich. Die nüchterne Architektur der Linie E lässt zugleich Rümmlers West-Berliner U-Bahnhöfe noch opulenter erscheinen als sie es ohnehin schon sind.

Und nun einsteigen bitte! Eine Kurzstrecke reicht dazu allerdings nicht mehr aus, man braucht schon fast eine Tageskarte, um die neuen Denkmale zu erfahren.