Mit Beginn des Jet-Zeitalters wurde der Grundstein für das globale Reisen, wie wir es heute kennen gelegt. Die ersten düsengetriebenen Passagierflugzeuge wurden in einer Zeit entwickelt, als gesellschaftlich ein (nachkriegs)modernistischer Gedanke vorherrschte. Spätestens die Einführung der mit Stahltriebwerken ausgestattete Boeing 707 (1958) verhalf den Düsenjets zum internationalen Durchbruch. Die neuen Großraumflugzeuge machten auch einen neuen Typ Flughafen notwenig – inklusive neuer Abfertigungsterminals. Und so entstanden in den 1960er und -70er Jahren außergewöhnliche Gebäude, von denen einige an dieser Stelle exemplarisch und steckbriefartig vorgestellt werden sollen.

PanAm Worldport (Delta Flight Center), New York, John F. Kennedy Airport

Architekten: Ives, Turano & Gardner Associated Architects und Walter Prokosch (Tippets-Abbett-McCarthy-Stratton)
Eröffnung: 1960
Charakteristik: Stahl-Glas-Konstruktion mit elliptischem Grundriss. Das Dach (“Flying Saucer”) überragt die Parkposition der Flugzeuge, so dass die Fluggäste beim Gang über die ursprünglich offenen Fluggastbrücken vor der Witterung geschützt waren. 1971 wurde der Bau so modifiziert und angebaut, dass die deutlich größeren Boeing 747 den Terminal nutzen konnten.
Das Gebäude soll im Sommer 2010 abgerissen und durch einen neuen Zweckbau ersetzt werden, da insbesondere die gestiegenen Sicherheitsanforderungen sich kaum mit dem Gebäudekonzept in Einklang bringen lassen.
Links: Schönes Video zum Terminal
Wikipedia-Eintrag
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TWA Terminal 5, New York, John F. Kennedy Airport

Architekten: Eero Saarinen & Associates
Eröffnung: 1962
Charakteristik: Skulpturales Hauptgebäude mit Spannbeton-Dachkonstruktion, dessen Form die Assoziation von Flügeln wecken sollte. Zwei Satellitengebäude auf dem Vorfeld, an dem die Flugzeuge parken.
2005 übernahm die JetBlue-Airlines von Delta das Gebäude. Während das Hauptgebäude somit erhalten blieb, wurden die Satelliten abgerissen und durch ein neues, von Gensler Architects entworfenes Terminal-Gebäude ersetzt.
Links: TWA Terminal 5 (aktuelle Fotos)
TWA Terminal 5 (historische Fotos)
mehr Fotos
noch mehr Fotos und einige Infos
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Kansas City Airport

Architekten: Kivett and Myers
Eröffnung: 1972
Charakteristik: Drei Terminalgebäude, die einen Dreiviertelkreis beschreiben mit Kurzzeitparken in der Mitte der Ringe. Das Konzept ist vergleichbar zu Berlin-Tegel und Köln-Bonn, allerdings war das Konzept des “Drive to your gate” mit den massiv steigenden Fluggastzahlen durch die Einführung der Boeing 747 nicht mehr zu bewerkstelligen. Zudem führten die immer weiter steigenden Sicherheitsanforderungen dazu, dass im Gebäude nahezu alle Flächen, die für Shopping, Gastronomie (oder gar Toiletten) vorgesehen waren, für die Sicherheits-Checks umgenutzt werden mussten, so dass der Flughafen bei den Fluggästen extrem unbeliebt war. 2004 erfolgte eine umfassende Sanierung und Umbau durch 360 Architecture.
Links: Luftbild
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Berlin Tegel

Architekten: Gerkan, Marg & Partner
Eröffnung: 1974
Charakteristik: Sechseckiger Terminalbau, der in seiner ursprünglichen Planung um einen zweiten, baugleichen, symmetrisch an der zentralen Straßenerschließung angeordneten Terminal ergänzt werden sollte. Einsatz von großen Sichtbetonflächen und Kunststoffen. Direkte Vorfahrt mit dem PKW vor die Schalterhalle. Unter dem zweiten Terminal sollte ein U-Bahnhof mit Anschluss an das U-Bahnnetz (Linie U5) am U-Bahnhof Jungfernheide entstehen.
Im Herbst 2011 wird der Flugbetrieb eingestellt und zum neuen Flughafen Berlin-Brandenburg verlagert. Die Debatte um die Nachnutzung des Geländes und des Terminalgebäudes wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2009 angestossen.
Links: Der Spiegel vom 21.03.1966: “Waben für Düsen”
Der Tagesspiegel vom 7.5.2010: Wenn Schinkel einen Flughafen gebaut hätte…
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Roissy 1, Paris, Charles de Gaulle

Architekt: Paul Andreu
Eröffnung: 1974
Charakteristik: Fensterloser Betonring mit 200 Metern Durchmesser mit Innenhof und Lichtschacht. Im oberen Gebäudeteil befindet sich ein Parkhaus, das von spiralförmigen Auffahrten erschlossen wird. Die Zufahrt zum Gebäude erfolgt über einen Geländegraben, den eine Rollbahnbrücke für Flugzeuge überspannt. Sieben Satellitenbauten sind rund um das Hauptgebäude auf dem Vorfeld verteilt, an denen die Flugzeuge parken. Sie sind unterirdisch mit dem Hauptgebäude über ca. 250 Meter lange Tunnels verbunden.
Zwischen 2004 und 2008 erfolgte eine umfassende Sanierung der Anlage.
Links: Luftbild
ARTE-Baukunst zum Flughafen Roissy 1
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Flughäfen sind auch heute noch Orte, an denen Architektur einen besonderen Stellenwert genießt. Zwar hat spätestens seit dem EasyJetSet das Fliegen im Westen eine gewisse Banalität erfahren (was sich auch an den Abfertigungsschuhkartons der Billigairlines manifestiert), so dass die Flughafenarchitektur ebenfalls deutlich rationaler geworden ist (selbst wenn der Terminal des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg, der am 6. Mai Richtfest feierte, jüngst vom Regierenden Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit mit Mies van der Rohes Neuen Nationalgalerie vergleichen wurde).
Dass ein Flughafen immer noch ein Ausdruck von Modernität ist, will indes China mit dem 2008 fertig gestellten Terminal 3 des Pekinger Flughafens von Sir Norman Foster unter Beweis stellen: Kurzerhand entstand das größte Gebäude der Welt. Und so scheint sich der Kreis zu schließen. Schließlich war der Flughafen Tempelhof, der gerne auch mal als die “Mutter aller Flughäfen” betitelt wird, über viele Jahre ebenfalls das größte Gebäude der Welt (und ebenfalls von einem totalitären Regime errichtet…).