Das Replikat Oberhafenkantine (Foto: Daniel Feistenauer)

Auch wenn die Märchenhütte am Monbijoupark mittlerweile quasi zum Baubestand der Stadt gehört, fällt Sie doch immer wieder erneut ins Auge. Inmitten der zu Steingewordenen Stadt an der Museumsinsel steht eine kleine Holzhütte, bei deren Anblick man sich besonders im Winter in eine andere Zeit, ja an einen anderen Ort versetzt fühlt. Was die Märchenhütte mit ihrem Betrachter macht, nämlich ihn an einen anderen Ort versetzen, machen andere wiederum mit Gebäuden. In der Fachsprache heißt das dann „translozieren“, was so viel bedeutet wie „an einen anderen Ort versetzen“.

Eben genau so erging es dem hölzernen Replikat der Oberhafenkantine, das von seinem ursprünglichen Ort im maritimen Hamburg als Kunstwerk in das preußische Berlin verschifft und am 30. Juni feierlich an seinem neuen Standort am Kunstcampus getauft wurde. Es soll die Nachhaltigkeit verkörpern, weil es vollständig aus Abrißholz gebaut wurde.

Kurz zum Hintergrund der Geschichte: Die Oberhafenkantine ist eine von ehemals 20 Kaffeeklappen auf dem Hamburger Hafengelände, welche die Arbeiter zu Beginn der Schichtarbeit aufsuchten und hier mit einem Kaffee und einer Frikadelle versorgt wurden. Sie ist das einzige, in der Form erhaltene Gebäude in der aufstrebenden Hafencity.

Der Künstler Thorsten Passfeld baute nun dieses ehemalige Kantinengebäude aus Abrißholz nach und kreierte damit seinen ersten und einzigen Nachbau eines bestehenden Hauses, mit Originalfenstern der bereits abgerissenen Kantinengebäuden. Normalerweise bastelt er verrückte Phantasiehäuser.

Ob die Oberhafenkantine in Berlin am Hamburger Bahnhof “bis zum Herbst mal einfach nur als Kunstobjekt im Stadtraum wirken und mal mit Kultur und Partys bespielt wird (Tagesspiegel), bleibt zu beobachten. Fest steht aber, dass der Holzbau auf dem rauhen, steinigen Gelände hinter dem Hamburger Bahnhof als Fremdkörper wirkt und mit seinem umgebenden Raum in Beziehung tritt, ja ihn sogar “bewegt”. Die Kunst wirkt hier in jedem Fall anregend auf den Betrachter und es bleibt zu hoffen, dass bis Ende Oktober nicht nur Parties und upper-class-Veranstaltungen stattfinden. Sondern auch solche mit einem Kunstgedanken!


Oberhafenkantine bewegt! (Foto: Daniel Feistenauer)