Am 1. Oktober 1984 betrat der damalige Bürgermeister des Berliner Bezirks Spandau, Werner Salomon, zusammen mit einer historisch kostümierten Schützengilde den U-Bahnhof Zitadelle und übergab einer Delegation Berliner Politiker feierlich einen riesigen Schlüssel und ein Dokument mit Band und Siegel. Fortan, so steht es auf dem Papier, habe die BVG “das besondere Recht,” nach Spandau “auf unterirdischen Wegen sowohl ein- als auch ausfahren zu dürfen.” Ein paar U-Bahnhöfe weiter begrüßte bereits der Bundeskanzler Helmut Kohl bei Erbsensuppe und Freibier die Spandauer:innen mit dem Versprechen, dass der Bund auch in Zukunft den ÖPNV in West-Berlin finanzieren werde, denn “jeder Tag, der die Vitalität Berlins in dieser Art sinnfällig macht, ist ein gewonnener Tag für Berlin. Ich habe pulsierendes Leben gesehen und Menschen, die viel Optimismus ausstrahlen.”1
Gefeiert wurde hier die Eröffnung der fünf U-Bahnhöfe Paulsternstraße, Zitadelle, Haselhorst, Altstadt Spandau und Rathaus Spandau. Gebaut und entworfen wurden sie seit 1977, die Planung einer U-Bahnlinie nach Spandau aber geht bereits in die 1920er und konkret in die 1950er Jahre zurück. Am Rathaus Spandau endet nun seit 1984 die Linie U7, deren Bau stets im Zeichen der geteilten Stadt und eines von der DDR unabhängigen Verkehrssystems für West-Berlin stand.
Architektonisch sind die Spandauer U-Bahnhöfe die Höhepunkte in der U-Bahnarchitektur Rainer Gerhard Rümmlers, der zwischen 1960 und 1994 für den Entwurf der West-Berliner U-Bahnhöfe zuständig war und der in diesen Jahren 56 U-Bahnhöfe gestaltete. Für seine gestalterische Grundidee, jeden U-Bahnhof individuell als “unverwechselbaren Ort” zu entwerfen, in dem die Fahrgäste gerne verweilen, vielleicht auch etwas erleben und lernen können, sind die Spandauer Bahnhöfe die besten Beispiele. Vielleicht, weil Rümmler in Spandau lebte, sicherlich, weil er in der Entwurfsphase viel recherchierte, wahrscheinlich, weil Rümmler die Ideen nie auszugehen schienen – diesen Bahnhöfen ist eine besondere Liebe zum Detail und zum Geschichtenerzählen eingeschrieben. Mehr dazu gibt es am 1. und 12. Oktober 2024 im Rahmen von zwei Führungen durch die Spandauer U7-Bahnhöfe zu erfahren.
U-Bahnführungen zum 40. Geburtstag
Am 1. Oktober 2024 werden die U-Bahnhöfe und der Anschluss Spandaus an das U-Bahnnetz der BVG 40 Jahre alt. Und das wird gefeiert. Vielleicht mit Erbsensuppe, wahrscheinlich nicht mit Freibier, aber auf jeden Fall mit einem kulturellen Angebot. Die Zitadelle Spandau lädt am 1. und 12. Oktober zu Führungen durch die Spandauer U7-Bahnhöfe mit Verena Pfeiffer-Kloss (Autorin Der Himmel unter West-Berlin. Die post-sachlichen U-Bahnhöfe des Baudirektors Rainer G. Rümmler) und Dominik Draheim ein. Darin geht es um die Architektur der Bahnhöfe, die Geschichte der Berliner U-Bahn und die Bedeutung der U-Bahnhöfe für den Nahverkehr in Spandau. Die Führung am 1. Oktober findet um 18 Uhr, die Führung am 12. Oktober um 14 Uhr statt. Um Anmeldung wird gebeten unter anmeldung@zitadelle-berlin.de.
Trainspotter aufgepasst
Außerdem sucht das Museum in der Zitadelle nach den schönsten Fotos aus der Spandauer U-Bahn. Die Fotos werden in das Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau aufgenommen, eine Auswahl der Fotografien wird zudem ab Mitte Oktober in der Sonderausstellung „100 Jahre Museum Spandau“ auf der Zitadelle gezeigt. Mitmachen unter: info@zitadelle-berlin.de.
- Landesarchiv Berlin, E Rep. 300-70, Nr. 6, undatierter und unbenannter Zeitungsartikel aus dem Nachlass Rainer G. Rümmler ↩︎