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Dass es in Detroits Ruinenlandschaft großes Potential für urbane Landwirtschaft gibt, ist eigentlich keine Neuigkeit. Eine riesige Stadt (San Francisco, Manhattan und Boston passen in die Stadtgrenzen Detroits) mit unglaublich großen Freiflächen, mit über 30 % der Bevölkerung, die unterhalb der Armutsgrenze lebt und eine Stadt, in der es kaum Supermärkte gibt, in denen man frischen Obst oder Gemüse kaufen könnte. Urbane Landwirtschaft ist hier sowohl Subsistenzswirtschaft, als auch ein Hoffnungsschimmer für neue lokale Arbeitsplätze und Kleinunternehmer.

So ist es eigentlich nur konsequent, dass die Stadtplanungskommission der Stadt kurz vor Weihnachten eine neue Satzung erlassen hat, die erstmals die formelle Ausweisung einer Fläche als urbane Landwirtschaftsfläche erlaubt. Die Vielzahl an kleineren urbanen Farmen, wie D-Town Farm oder Brother Nature Produce, die bereits seit mehreren Jahren aktiv sind, mussten bisher halb-legal arbeiten. Denn nach bestehender Flächennutzungssatzung war bspw. das Aufstellen eines Gewächshauses nicht zulässig. Das ändert sich jetzt mit der neuen Satzung.

Ein guter Tag also für die urbanen Landwirte Detroits? Jein.

Die Erleichterung ihrer Arbeit wird sicherlich viele erfreuen (so berichtet die Detroit Free Press, dass beim Beschluss der neuen Satzung spontan mehrere Zuschauer in Applaus ausbrachen). Doch eröffnet diese Satzung nun auch großen Investoren die Möglichkeit, in das urban farming in Detroit einzusteigen. Prominentester Akteur sind die Hantz Farms, die eine zusammenhängende Fläche von 55 Hektar, bzw. 1.500 Parzellen im Osten Detroits zur größten urbanen Farm der Welt entwickeln will:

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Anfang Dezember konnte die Hantz Group von der Stadt die infrage kommenden Grundstücke für ca. $520.000 erwerben. Die Stadt wiederum war in Besitz der Grundstücke gekommen, als die ehemaligen Besitzer zahlungsunfähig wurden. Doch Eigentum verpflichtet, und so muss die Stadt für derartige Grundstücke jährlich erhebliche Summen aufbringen, um minimale Sicherung zu betreiben (Grünpflege, Abwasser, Beleuchtung) – ohne diese durch Steuern zurück zu bekommen. Genau hier setzt Hantz an und verspricht die Stadtkasse zu entlasten und in Zukunft zu einem großen Steuerzahler der Stadt zu werden.
Die neue Satzung zur urbanen Landwirtschaft in der Stadt regelt auch, dass die Böden gründlich geprüft werden müssen, bevor dort Landwirtschaft betrieben werden darf. Wegen der industriellen Vergangenheit Detroits steht Hantz daher nun erst einmal eine Bodensanierung bevor, die wohl ca. $3,2 Mio. kosten wird. Insgesamt will die Hantz Group $30 Mio. investieren und verspricht, 200 bis 250 neue Jobs in den nächsten 10 Jahren zu schaffen. Zunächst will Hantz auf dem Gelände eine Hartholz-Baumschule aufbauen.

Doch das Projekt und der Deal mit der Stadt stoßen nicht nur auf Gegenliebe. Die Sorge ist groß, dass ein kommerzieller Großinvestor wie Hantz seine Projekte nicht gemeinsam mit der Nachbarschaft, der Community entwickelt, sondern an ihr vorbei. Zudem hat sich Hantz bislang nicht zu Bio-Produktionsmethoden, oder den Verzicht auf genetisch manipulierten Saatgütern festlegen lassen. Die Sorge der bestehenden kleinen, i.d.R. Bio-Farmen ist, dass sobald Hantz auch in den Lebensmittelanbau einsteigen sollte, es zur Kontamination ihrer Gärten und Farmen kommen könnte. Und zuletzt stellt sich auch die stadtplanerische Frage, welche Folgen es auf eine Stadtstruktur und -gesellschaft haben wird, eine derart große, zusammenhängende Flächen inmitten der Stadt für eine kommerzielle Landwirtschaftsnutzung zuzulassen.

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