Holzhochhaus in der Lynarstraße, Berlin, wird damit beworben, dass es in 19 Minuten nachgewachsen sei. Bild: Laura Bornemann

Ressourceneinsatz und Emissionen in der Bauphase reduzieren
von Felix Hartenstein

Der Bau- und Gebäudesektor ist einer der größten Verursacher von Treibhausgasen. Das Bauen, Betreiben und Abreißen von Gebäuden trägt fast 40 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei. Insbesondere der Baustoff Beton zeigt dies deutlich: Weltweit werden zwei Drittel aller Gebäude aus Stahlbeton errichtet. Allein die Herstellung von Zement, einem Hauptbestandteil von Beton, ist jedoch verantwortlich für rund acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Parallel wird der ebenfalls benötigte grobkörnige Sand immer knapper. Dem Abbau fallen zunehmend sensible Ökosysteme zum Opfer, Sandbänke und Flussareale werden abgebaggert.

Im Gegensatz zum Verkehrs- und Energiesektor wird die Bauwirtschaft bisher kaum zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und zur Nachhaltigkeit angehalten. Dabei gibt es längst Alternativen. Mit Holz, Lehm und Stroh stehen nachwachsende, regionale und CO2-sparende Baustoffe bereit. Selbst Hochhäuser lassen sich ohne Qualitätsverlust oder sicherheitsrelevante Einbußen in Holzbauweise umsetzen. 

Anstrengungen im Bereich nachhaltiges Bauen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark auf das Thema Energieverbrauch in der Nutzungsphase konzentriert. Zusätzlich müssen – insbesondere bei Neubauten – die Belange des Klimaschutzes bei der Herstellung und beim Rückbau von Gebäuden stärker in den Fokus rücken. Für alle Gebäuden sollten daher nachwachsende Baustoffe rückbau- und recyclingfreundlich eingesetzt werden. Mit dem Cradle to Cradle-Ansatz, Urban Mining und den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft stehen dazu schon heute geeignete Instrumente zur Verfügung, die den gesamten Lebenszyklus der Gebäude fokussieren. Sie kommen jedoch noch nicht flächendeckend zum Einsatz. 

Wie bringen Sie den sozialen Bedarf an neuen Bauvorhaben – insbesondere die Nachfrage nach Wohnraum – zukünftig in Einklang mit den Belangen der ökologischen Nachhaltigkeit? Wie sollen Ressourcen- und CO2-sparende Planungen und Bauvorhaben unterstützt und priorisiert werden?

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[Antwort von Daniela Wagner]

Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke im gesamten Lebenszyklus inkl. der Baustoffe klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische Sanierungen erfolgen. Dreh- und Angelpunkt ist die Festlegung hoher Bau- und Sanierungsstandards – mit Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude. Die KfW-Förderprogramme werden wir weiterentwickeln, auch in Bezug auf die Verwendung nachhaltiger Baustoffe. Für die Aussöhnung von Baukultur und energetischer Sanierung wollen wir klare Regelungen schaffen, die beiden Zielen angemessen sind. Die öffentliche Hand muss mit ihren Gebäuden als Vorbild vorangehen. Wir brauchen eine konsequente Bauwende hin zu ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen. Bei jeder Städtebau- und Gebäudeplanung sind künftig der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für Bau, Betrieb und späteren Rückbau umfassend zu berücksichtigen. Eine Lebenszyklusbetrachtung soll verpflichtend für alle Baumaßnahmen werden, Erhalt und Aufbau auf Bestehendem bekommt Vorrang vor Neubau. Ziel ist eine komplette stoffliche Wieder- oder Weiterverwertung. Dafür setzen wir auf eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und Bauordnungen sowie eine nachhaltige Holzbaustrategie, damit künftig energie- und ressourcenschonend und giftfrei gebaut wird. Die öffentliche Hand muss bei all dem ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.

Auch die Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren und richten die Förderung an klimaneutralen Lösungen aus. Solche verbundenen klimaneutralen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten. Für Kommunen sollen regionale Wärme- und Energie- sowie integrierte Quartiersplanungen verbindlich gelten. Dabei unterstützen wir durch ein Aktionsprogramm Faire Wärme mit Steuervergünstigungen, kostenloser Beratung und zielgerichteten Förderprogrammen den Umbau hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Die Wärmewende muss fair gestaltet werden und mit wirksamem Mieter* innenschutz sowie gezielter Förderung einhergehen. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen fair verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und angemessen wirtschaftlich werden.

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[Antwort von Daniel Föst]

Das Ziel einer nachhaltigen Baukultur muss es sein, die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor zu senken, den Flächenverbrauch zu reduzieren und das Recycling verwendeter Baustoffe voranzutreiben. Um den CO2-Ausstoß tatsächlich reduzieren zu können, brauchen wir statt einer verkappten CO2-Steuer, die nur in einigen Bereichen gilt, einen richtigen CO2-Deckel mit einem branchenübergreifenden Zertifikathandel. Der Emissionshandel muss auch auf den Gebäudesektor ausgeweitet werden. Der dadurch entfesselte Wettbewerb um die besten Technologien würde die Investitionen dorthin lenken, wo sie am effizientesten wirken und somit am sinnvollsten sind. Dadurch wird Klimaschutz bezahlbar.

Zur Minimierung des Flächenverbrauchs muss vermehrt nach oben gebaut werden. Baurechtliche Hürden etwa für den Ausbau von Dachgeschossen müssen daher abgebaut werden. Auch die Umnutzung bestehender Gebäude sowie die Revitalisierung von Brachflächen müssen politisch einfacher möglich gemacht werden.

Mit neuen digitalen Ansätzen wie der Gebäudedatenmodellierung, bei der für jede Immobilie ein digitaler Zwilling mit entsprechenden Eigenschaften hinterlegt ist, wird auch das Recycling alter Baustoffe und ein effizienter Gebäudebetrieb vereinfacht. Durch Nutzung dieser Technologie kann bereits in der Planung der CO2-Ausstoß für den Bau-, den Betrieb- als auch für den Abriss- und Recyclingprozess berechnet werden. Auf dieser Grundlage werden sich Bauherren wegen des Emissionshandels für die nachhaltigste und gleichzeitig kostengünstigste Bauweise entscheiden. Bereits in der Planung werden der Betrieb und der spätere Rückbau des Gebäudes mitbedacht. Gleichzeitig wird die Bauindustrie durch diese Anreize in die Forschung zu neuen, nachhaltigeren Baumaterialien investieren. Auch die Kreislaufwirtschaft würde im Baugewerbe Einzug finden, wenn der umweltfreundliche Rückbau eines Gebäudes bereits in der Planung eine Rolle spielt. Zudem werben wir für Technologieneutralität. Das einseitige Fördern nur bestimmter Technologien bringt uns nicht weiter und führt dazu, dass innovativer Wettbewerb um die beste Lösungen im Keim erstickt wird. Für uns Freie Demokraten gilt dabei grundsätzlich: Die Politik gibt das Ziel und die Rahmenbedingungen vor, der Weg dorthin sollte den Fachleuten überlassen werden. Als Rahmenbedingung schlagen wir den umfassenden Emissionshandel vor, bei dem das Ziel – nämlich ein geringer CO2-Verbrauch – Jahr für Jahr ambitionierter gesteckt und sicher eingehalten werden kann.

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[Antwort von Caren Lay]

Für unser Ziel einer klimagerechten Gesellschaft bis 2035 ist eine Kehrtwende in der Baupolitik unverzichtbar. Um Klimaneutralität zu erreichen, wollen wir einen bundesweiten Klimacheck bis 2025 mit verbindlichen Sanierungsplänen. Die Sanierungsförderung werden wir auf 10 Milliarden Euro im Jahr aufstocken und an das Ziel der Warmmietenneutralität koppeln. Neubauten müssen ab sofort klimaneutral über den gesamten Lebenszyklus errichtet werden. Für Neubau und Sanierung gilt: Kein Dach ohne Grün oder Photovoltaik. Spekulative Geschäftsmodelle sind wohnungspolitisch, und umwelt- und klimapolitisch schädlich. Die Vernachlässigung von Bestandsbauten, teure oder unsinnige Modernisierungen, die ständige Neuausweisung von Bauland oder ressourcenintensive, aber nicht bedarfsgerechte Neubauvorhaben wollen wir unterbinden. Subventionen für umweltschädliche Baustoffe wollen wir streichen und mit verbindlichen Vorgaben die Benachteiligung recycelter und nachwachsender Rohstoffe beenden.

Unser Leitbild für die Stadtentwicklungs- und Raumordnungspolitik ist der sozialökologische Umbau. Wir wollen die Regionalpolitik und Städtebauförderung des Bundes konsequent auf die Belebung von Innenstädten und Dorfkernen ausrichten, basierend auf dem Prinzip der doppelten Innenentwicklung von Nachverdichtung und Aufwertung urbanen Grüns. Wir wollen in Zukunftsaufgaben investieren: die Gebäudesanierung, ein verbessertes Wohnumfeld, den altersgerechten und barrierefreien Umbau sowie die Förderung nachhaltiger Mobilität. Dabei gilt es, den öffentlichen Raum in Städten und Dörfern neu aufzuteilen – weg vom Vorrang des Autoverkehrs und hin zu mehr Sicherheit, mehr Miteinander und Aufenthaltsqualität. Der Verdrängung von Kleingärten stellen wir uns mit einem Kleingartensicherungsprogramm entgegen. Wir wollen flächensparend und ökologisch bauen. Stadtgrün wie Parks, Kleingärten und Gemeinschaftsgärten (urban gardening) wollen wir durch Investitionen fördern.

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Für uns gilt grundsätzlich: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören zusammen. Die Politik hat die Aufgabe bestehende Konkurrenzen und Konflikte so auszutarieren, dass beide Ziele unvermindert im Fokus politischer Initiativen und Prozesse stehen.

Wir richten unsere Politik an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen aus und werden dazu die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickeln. Dem Staat kommt dabei die Aufgabe zu maßgebliche Impulse zu setzen, durch kluge Spielregeln, die soziale und technische Innovationen hervorbringen, durch Förderung von Wissenschaft und Forschung, durch massive und stetige Investitionen in eine moderne Infrastruktur, durch aktive Förderung der Regionen im Wandel und auch durch Beteiligung der Bürger*innen zur Schaffung der notwendigen Akzeptanz von Maßnahmen – in diesem Fall von Wohnungsbauaktivitäten.

Den Umstieg auf klimaschonende Produktionsprozesse werden wir durch direkte Investitionsförderung staatlich unterstützen und die derzeitigen höheren Kosten von klimaschonenden Technologien ausgleichen. Wir wollen einen Markt für umweltfreundliche Ausgangsmaterialien schaffen. Gerade die öffentliche Hand muss als große Abnehmerin von Produkten und Dienstleistungen Verantwortung übernehmen. Wir werden die öffentliche Beschaffung so ausrichten, dass sie Innovationsimpulse setzt und den Zielen des sozial-ökologischen Wandels dient. Hierfür sollten die Vergabekriterien auch stärker auf klimafreundliche Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Zum Zwecke der Förderung des nachhaltigen Bauens soll die öffentliche Hand als großer Bauherr von Straßen und Gebäuden bis 2030 schrittweise immer mehr und ab 2030 ausschließlich klimaneutrale Grundmaterialien für Bauten beschaffen.

Diese und weitere in den kommenden Jahren zu ergreifende Maßnahmen folgen unserer Idee von einer gerechten und nachhaltigen Stadtentwicklung in der Verantwortung für die notwendige Transformation unserer Städte im Zeichen von Klimaneutralität, Mobilitätswende, demografischem Wandel und sozialem Zusammenhalt – mit all den dazugehörigen Facetten.

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Wir wollen das große Potenzial von Nachverdichtung, Aufstockung von Gebäuden, An- und Ausbauten, Überbauung von Parkplätzen und Supermärkten und der Brachflächenentwicklung ausschöpfen. Deshalb werden wir die Brachlandentwicklung im Rahmen der Städtebauförderung verstärken und die Nachverdichtung fördern.
Zudem ist die energetische Sanierung unseres Gebäudebestands ein Muss. Nur so können wir die Klimaziele erreichen. Um entsprechende Sanierungen von Wohn- und Gewerbeimmobilien noch stärker voranzutreiben, müssen wir sie besser fördern. Deshalb werden wir die entsprechenden KfW-Programme attraktiver gestalten und so beispielsweise die energetische Sanierung des Familieneigenheims anreizen. Schrittweises Sanieren soll besser gefördert werden, da schon kleinere Maßnahmen wichtig und wirksam sind.

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