Blog

Institutionalisierte Hausbesetzer

Nur noch gelegentlich dringen in Berlin die Nachrichten von Hausbesetzungen und Räumungen durch die Presse und es scheint, dass den Besetzern nur mit Polizeigewalt begegnet werden kann. In Holland hat sich gegen die professionelle Hausbesetzerszene dagegen ein durchaus intelligentes Mittel etabliert: Hausbesetzer mit Hausbesetzern zu bekämpfen. Die Motivation diesen Schritt zu gehen, ist vor allem im holländischen Recht zu finden. Steht ein Gebäude mehr als ein Jahr leer, so ist die Inbesitznahme durch Dritte juristisch quasi legalisiert. Dem liegt das Recht auf einem Dach über dem Kopf und der Wohnungsnotstand des Landes zu Grunde. Dies förderte eine gut organisierte und...

Stalinistische Marktwirtschaft

Stalinismus und Wegzugsprämien? Zumindest, wenn es nach dem brandenburgischen Finanzminister Rainer Speer (SPD) geht, kann man hier einen Zusammenhang finden. Denn dieser kommentierte einen Vorschlag des Berlin-Institutes von Wegzugsprämien für schrumpfende Regionen in Brandenburg mit mit der Aussage, dass ihn das an "stalinistische Politikansätze" und Zeiten erinnert. So hat das Berlin Institut im Rahmen eines vom brandenburgischen Landtag in Auftrag gegebenen Gutachten - neben weiteren Vorschlägen - geschrieben, dass man in Regionen, wo "kein anderer Impuls möglich ist", die Menschen "zum Abwandern [...] motivieren" müsste. "Dies könnten etwa Prämien für das Verlassen einer sich entleerenden Region sein" (S.30). Man kann...

Überlegungen zu Stadtkatastrophen und ihrer Rekonstruktion

Im Frühjahr 2002 stellte sich eine Konferenz am Massachusetts Institute of Technology in den USA dem Thema Katastrophe und Stadt ("Resilient City. How modern cities recover from disaster"). Sie sollte sowohl wissenschaftlich als auch therapeutisch den Terroranschlägen in New York gegenüber verstanden werden. Welche wirtschaftliche, kulturelle und politische Kräfte ermöglichen eine neue Ordnung selbst nach verheerenden Katastrophen und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich im post-traumatischen Urbanismus finden, waren zwei Kernfragen zu untersuchten Städtebeispielen von natürlichen wie menschengemachten Katastrophen. (Die einzelnen Fachvorlesungen können immer noch als Videostream angeschaut werden) Erscheint dies zuerst wie ein Nischenthema, erstaunt, dass lediglich 32 Siedlungen...

Urban Podcast und Architekturfilme

Alle die beim Mini-Marathon mit Rem Koolhaas und Hans Ulrich Obrist in Kassel nicht dabei waren, können sich Mitschnitte der Veranstaltung im Internet anschauen. ZU sehen sind die Interviews mit Gottfried Böhm sowie dem Historiker und Schriftsteller Karl Schlögel (der die tollen Bücher Marjampole und Im Raume lesen wir die Zeit geschrieben hat). Aber nicht nur diese Veranstaltung ist nun im Internet anzuschauen. So bietet das Internetforum Architekturclips ein ganze Reihe an Filmen zum Thema Architetur und Stadtentwicklung an. Nenneswert ist hierbei das Interview mit den Architekten von Graft, die die Bedeutung des Kirchenchors für ihr Büro erläutern, ein Interview...

Kritische Forschung unter Terrorverdacht

Am 01. August wurde der Berliner Soziologe Dr. Andrej H. in Untersuchungshaft genommen, da ihm die “Bildung einer terroristischen Vereinigung” zum Vorwurf gemacht wird (attac, zeit, taz). Laut Anklage soll er Mitglied der sogenannten militanten Gruppe (MG) sein. Aufsehen erregt die Festnahme vor allem deswegen, weil der Verdacht auf die Zugehörigkeit zu der terroristischen Vereinigung mit folgenden Argumenten begründet wird (vgl. freeandrej): So ist von einer Mitgliedschaft von Dr. Andrej H. in einer terroristischen Vereinigung auszugehen, weil er sich mit Themen beschäftigt, die sich auch in Schreiben der mg wieder finden; eine wissenschaftliche Abhandlung von Dr. Andrej H. von 1998...

Wenn der Diktator ruft

Der vor zwei Jahren ausgestrahlten dreiteiligen Dokumentarfilm "Speer und Er" von Heinrich Breloer warf zugleich die Frage an die moralische Verantwortung einer Profession in ihrem politischen Umfeld auf und ließ doch beim Betrachter das Gefühl zurück, daß dieses der Vergangenheit angehöre. Zwar ist ein solches totalitäre System heute nicht zu finden, aber die zunehmende Tätigkeit von westlichen Architekten in autoritären Staaten wie China, Lybien, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten ließen die Frage in letzter Zeit wieder an Aktualität gewinnen. Von außen betrachtet scheinen sich dabei unkritische, karrieresuchende Architekten und Monumentalität wünschende Diktatoren nur allzugut zu ergänzen. ("Bauten des Bösen",...

Vereint in Einsamkeit – Nachbarschaftliche Vielfalt und deren Auswirkungen

Geht es um die Auswirkungen von kultureller, religiöser sowie ethnischer Vielfalt auf Gemeinden und Stadtgebiete, teilen sich die Meinungen in zwei Lager: Das Eine glaubt, Diversität fördere Toleranz und soziale Kompetenzen, das Andere, an den Rückzug der einzelnen Gruppen untereinander. Die neue Studie "E Pluribus Unum: Diversity and Community in the Twenty-first Century" des Harvard-Professors Robert Putnam, für die er mit dem Skytte-Preis der Universität Uppsala ausgezeichnet wurde, legt nahe, dass sich beide Seiten irren. Für seine Untersuchung führte Putnam 30.000 Interviews mit Menschen aus 41 Nachbarschaften in den USA durch. Dabei wurde nicht nur Wert darauf gelegt, Nachbarschaften mit...

Das Hufeisen-Projekt

Ewan Forster und Christopher Heighes sind ein seit 1993 in London und über die Grenzen Großbritanniens hinaus agierendes Künstlerduo. Sie veranstalten an Orten vergessener Architektur und Stadträume Theateraufführungen. Ihre Arbeit soll es den Zuschauern dabei ermöglichen, Gebäude und ihre Konstruktionsprinzipien zu erkunden. Nachdem sie vor allem in London Theaterprojekte durchgeführt haben, hat es sie nun nach Berlin verschlagen. Ihr Markenzeichen ist laut Einleitungstext des Hauptsponsors - des Hauptstadtkulturfonds - "die meditative und hochindividuelle Annäherung an das Verständnis einer Bau-Umgebung mithilfe der Gestaltung ’künstlich-echter’ Animationen und audio-visueller Installationen" . Ihre Performance „Die Erde - eine gute Wohnung“ ist eine Suche nach...

Sechs, sitzen!

Wie schon in dem Artikel über Skateboarden und Stadt erwähnt, ist der öffentliche Raum voll mit kleinen, fein entworfenen Objekten, welche uns zu verschiedenen Aktionen verleiten oder von diesen abhalten sollen. Auf Usemenow.com findet sich ein kleines Fotoarchiv mit den verschiedenen Möglichkeiten, Menschen vom Hinsetzen abzuhalten. Mein Lieblingsbild diesbezüglich handelt allerdings vom gelegentlichen Scheitern dieses Kontrollwahns und findet sich bei fulminate//Architecture of Control:

Die Begehrlichkeiten nach dem Sturm

Der 16-minütige Dokumentarfilm "Chocolate City-We are here to stay" über die selektive Wiederaufbaupolitik New Orleans nach dem Wirbelsturm Katrina von Ralf Schmerberg ist schon eine Weile im Internet zu sehen. Weil die Thematik der Neustrukturierung von Städten nach Katastrophen und der Vorwurf dies auf Kosten der Schwachen durchzuführen immer wieder auftaucht, scheint uns ein Hinweiß auf den Film angebracht. Der Film sammelt Eindrücke und Stimmen aus dem 9th Ward, einem hauptsächlich von sozial Schwachen und Farbigen bewohnter Stadtteil, welcher von den Behörden auch nach dem Sturm links liegengelassen wird. Die NGO "Common Ground Collective" hat sich dem Stadtteil angenommen und...